Positionspapier Eventhalle

Im Som­mer 2020 wur­de erst­mals im Münch­ner Mer­kur über die Pla­nung einer Even­ta­re­na am Münch­ner Flug­ha­fen berichtet.

Daten: (alles Angaben der Investoren)

  • Inves­to­ren:
    Lorenz Schmid und Gert Wal­ten­bau­er, die eigens dafür die SWMu­nich-Real-Estate-Invest­ment­ge­sell­schaft gegrün­det haben.
    Gert Wal­ten­bau­er ist GF der KGAL, einer renom­mier­ten Invest­ment­ge­sell­schaft (u.a. Allianz-Arena)
  • Die Hal­le soll auf einer Flä­che von 11 Hekt­ar auf dem Flug­ha­fen­ge­län­de west­lich der AGIP-Tank­stel­le errich­tet werden.
  • Die Hal­len­grö­ße soll 18.000 m² ent­spre­chen mit einer Kapa­zi­tät von bis zu 20.000 Besucher*innen
  • Ins­ge­samt sol­len nach Anga­ben der Inves­to­ren min. 1 Mil­li­on Besucher*innen/Jahr in die Hal­le kommen
  • Neben Kon­zer­ten soll die Hal­le für Kon­gres­se, Live­shows, Fami­liy­Shows, Kaba­rett und TV-auf­zeich­nun­gen dienen
  • Zusätz­lich:
    Park­haus für 1500 PKWs (wenn 2‑stöckig: ca. 10.000 m² Flä­chen­ver­brauch)
    +Fahr­rad­park­haus
    +Bus­bahn­hof
  • Gas­tro­no­mie
    Busi­ness­be­reich
  • Hotel
  • 50 Arbeits­plät­ze
  • 2024 Eröff­nung
  • 30 Rie­sen-Ver­an­stal­tun­gen im Jahr a max. 20.000 Personen
  • Min­des­tens 40% der ange­streb­ten Besucher*innen sol­len durch Klei­ne­re Ver­an­stal­tun­gen ange­zo­gen wer­den.
    Also zusätz­lich min. 200 Ver­an­stal­tun­gen a 2000 Besucher*innen

Einschätzung

Wir Grü­ne beglei­ten schon lan­ge die Tätig­kei­ten und Bau­vor­ha­ben am Flug­ha­fen Mün­chen kri­tisch. Wich­tig sind uns hier­bei in aller­ers­ter Linie die Ver­hin­de­rung des Baus der Drit­ten Start- und Lan­de­bahn aber auch die Ein­hal­tung des Nacht­flug­ver­bots sowie ein Stopp der Sub­ven­tio­nen, die künst­lich erzeug­te Flü­ge generieren.

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren wur­den immer mehr Bau­vor­ha­ben wie z.B. der Lab Cam­pus und wei­te­re Gewer­be­be­trie­be am Flug­ha­fen prä­sen­tiert, die mit dem eigent­li­chen Ansin­nen, näm­lich dem Betrieb eines Flug­ha­fens, nichts mehr zu tun haben.

Der Stadt Frei­sing war es immer wich­tig, dass am Flug­ha­fen kei­ne neue Stadt zwi­schen Frei­sing – Erding und Mün­chen ent­steht, dass sie ihre Iden­ti­tät bewah­ren kann und die Kon­kur­renz­si­tua­ti­on zu Frei­sin­gs Gewer­be nicht überhandnimmt.

Grundlagen einer Bewertung aus Freisinger Sicht

1. Stadtentwicklung – einstimmiger Beschluss 2016

Zitat aus dem Stadt­ent­wick­lungs­plan (“STEP”):

„Frei­sing in der Pla­nungs­re­gi­on glänzt mit wirt­schaft­li­chen Erfolgs­zah­len… Die Boden- und Miet­prei­se sind in den letz­ten Jah­ren stark gestie­gen und zäh­len zu den höchs­ten in Deutsch­land. Die Stra­ßen befin­den sich an der Belas­tungs­gren­ze. Viel Ver­kehr wird durch den Flug­ha­fen indu­ziert. Die hie­si­ge Bevöl­ke­rung lei­det unter Flug­lärm. Ange­sichts des hohen Flä­chen­ver­brauchs ver­schwin­den immer mehr wich­ti­ge Land­wirt­schafts- und Natur­flä­chen. Der Cha­rak­ter der Regi­on droht unwie­der­bring­lich ver­lo­ren zu gehen.“

„Der Frei­raum zwi­schen den Orts­tei­len, sowie zum Flug­ha­fen sol­len gesi­chert wer­den. Ein Zusam­men­wach­sen der Sied­lungs­flä­che ist zu vermeiden.“

„Der Erhalt der Innen­stadt als urba­ner Mit­tel­punkt und Ver­sor­gungs­zen­trum ist ein Eck­pfei­ler der Stadt­ent­wick­lungs­po­li­tik. In der Innen­stadt wird eine mög­lichst gro­ße Nut­zungs­viel­falt ange­strebt, die neben dem Ein­zel­han­del auch die Berei­che Gas­tro­no­mie, Dienst­leis­tung, Kul­tur, Woh­nen und öffent­li­che Ein­rich­tun­gen umfasst. Bei der Ansie­de­lung von Gewer­be am Stadt­rand darf aus­schließ­lich ein Sor­ti­ment ange­bo­ten wer­den, das der Innen­stadt kei­ne Kun­den abzieht.“

Mobi­li­tät: Gren­zen des Wachs­tums (STEP S. 45–51) Drit­te Start­bahn: neben der dras­ti­schen Ein­schrän­kung der Lebens­qua­li­tät der Bevöl­ke­rung wür­den wei­te­re Flä­chen ver­sie­gelt, das Ver­kehrs­auf­kom­men auf den ohne­hin über­las­te­ten Stra­ßen wür­de wei­ter steigen.

Der Flug­ha­fen darf nicht mit der Stadt zusam­men­wach­sen. Die bestehen­den Nega­tiv­fol­gen des Flug­ha­fens für die Stadt Frei­sing sol­len gemil­dert und wei­te­re Beein­träch­ti­gun­gen abge­wehrt wer­den. Die Stadt wird dar­auf hin­wir­ken, dass der Flug­ha­fen zur Bewäl­ti­gung der Nega­tiv­fol­gen her­an­ge­zo­gen wird.“

2. Mobilitätskonzept

(Beschluss 2018) https://www.freising.de/leben-wohnen/mobilitaet-verkehrswende/mobilitaetskonzept

 „Die zen­tra­len Zie­le des Mobi­li­täts­kon­zep­tes sind:

  • die Ent­kop­pe­lung der Zunah­me des moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs vom Bevölkerungswachstum
  • die Ver­kehrs­be­las­tung im Stadt­ge­biet zu senken
  • den CO2-Aus­stoß zu reduzieren
  • Lärm und Schad­stof­fe zu reduzieren
  • den Platz­be­darf für den Ver­kehr zu senken
  • die Erhö­hung der Lebens- und Aufenthaltsqualität
  • ein bes­se­rer Ver­kehrs­fluss für alle Verkehrsteilnehmer*innen

3. Klimaoffensive Freising (Beschluss 2020)

Zitat aus dem Beschluss:

„Die Stadt Frei­sing erklärt, dass sie alles ver­sucht, um im Rah­men ihrer Zustän­dig­keit und Mög­lich­kei­ten ihren Teil dazu bei­zu­tra­gen, das 1,5‑Grad-Ziel zu errei­chen. Das Ziel, gemein­sam mit dem Land­kreis bis zum Jahr 2035 kli­ma­neu­tral zu wer­den, soll daher mit allen Kräf­ten wei­ter­ver­folgt wer­den. Soll­te der Land­kreis das Ziel auf das Jahr 2030 vor­zie­hen, schließt sich die Stadt Frei­sing an. Die Stadt Frei­sing ist bestrebt den Land­kreis und die umlie­gen­den Gemein­den bei die­ser Ziel­er­rei­chung inten­siv zu unterstützen.”

https://www.freising.de/rathaus/online-dabei/freisinger-klimaoffensive

4. Planungsgrundlagen, Baurecht

Bau­recht­lich liegt der ange­dach­te Stand­ort der Event­hal­le im “Vor­rang­ge­biet Flug­ha­fen”. Die Bau­ge­neh­mi­gung stellt laut einem Dos­sier aus dem Finanz­mi­nis­te­ri­um „einen wesent­li­chen Pro­blem­punkt dar“. Da der Inves­tor ein Bau­recht mit­tels Bebau­ungs­plans als „sehr zeit­kri­tisch“ beur­teilt, wer­den die Staats­re­gie­rung und die FMG krea­tiv, wie über eine luft­recht­li­che Plan­fest­stel­lung Bau­recht für die­se Hal­le geschaf­fen wer­den kann. Das bestehen­de Bau­recht des Flug­ha­fens soll dem­entspre­chend genutzt wer­den, um die übli­chen Pro­zes­se zu umge­hen. Zwin­gend erfor­der­lich sei ein „posi­ti­ve Vor­ab­stim­mung mit der Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de“. Anschlie­ßend dar­an wer­den ver­schie­de­ne Optio­nen andis­ku­tiert, um die bau­recht­li­chen Son­der­rech­te des Flug­ha­fens für eine Bau­ge­neh­mi­gung der Event­hal­le aus­zu­nut­zen. Die grü­ne Land­tags­frak­ti­on for­dert ein ordent­li­ches rechts­staat­li­ches Ver­fah­ren. Wenn der Flug­ha­fen Flä­chen besitzt, die er der­zeit und auch in Zukunft selbst nicht benö­tigt, gehö­ren die­se dem­entspre­chend aus dem Vor­rang­ge­biet Flug­ha­fen her­aus­ge­nom­men. Dies ermög­licht dann die Durch­füh­rung eines ord­nungs­ge­mä­ßen Bau­pla­nungs­ver­fah­rens, sofern die Stadt Frei­sing ein sol­ches anstre­ben möch­te – ganz ohne Hin­ter­tür und ohne Sonderrechte. 

Nach­dem bereits im Zuge der Pla­nung des Lab Cam­pus die Flug­ha­fen­af­fi­ni­tät der Gewer­be­an­sied­lung teil­wei­se nicht nach­voll­zieh­bar war, ist die im Dos­sier beschrie­be­ne „Beför­de­rung evtl. Über­le­gun­gen das Vor­rang­ge­biet Flug­ha­fen ganz auf­zu­ge­ben“ nach­voll­zieh­bar. Aus unse­rer Sicht ist der Flug­ha­fen Mün­chen mit sei­ner der­zei­ti­gen Grö­ße bereits mehr als voll ausgebaut. 

Auf­grund des hohen öffent­li­chen Drucks von Sei­ten der Grü­nen in Frei­sing, der Land­tags-Grü­nen, sowie von Auf­gemuckt, wur­de ein juris­ti­scher Kniff gefun­den, wie man die luft­recht­li­che Plan­fest­stel­lung umge­hen kann und ein kom­mu­na­les Bebau­ungs­plan­ver­fah­ren ermög­licht wer­den kann. Eine Event­hal­le ist hier eigent­lich unzu­läs­sig, da es sich um das “Vor­rang­ge­biet Flug­ha­fen­ent­wick­lung” handelt. 

Mit der Mög­lich­keit eines Ziel­ab­wei­chungs­ver­fah­rens könn­te die­ses Teil­stück aus dem Vor­rang­ge­biet her­aus­ge­nom­men und kom­mu­na­ler Pla­nungs­ho­heit zuge­führt wer­den.
Vor­aus­set­zung dazu: Der Grund­stücks­ei­gen­tü­mer stimmt dem zu und es besteht ein grund­sätz­lich ver­än­der­ter raum­ord­ne­ri­scher Handlungsbedarf. 

Soll­te die­ses Ver­fah­ren, das die Anwalts­kanz­lei des Herrn Alfred Sau­ter juris­tisch beglei­tet hat, zum Zuge kom­men, braucht es auf­grund der Grö­ße ein ordent­li­ches Raum­ord­nungs­ver­fah­ren mit Bürgerbeteiligung. 

Ergebnis der Bewertung aus Freisinger Sicht

1. Enorme Zunahme der Verkehrsbelastung in der RegionLärm und Luftbelastung

Nach Anga­be der Inves­to­ren sol­len bis zu einer Mil­li­on Besucher*innen im Jahr die Hal­le anzie­hen. Es ist nicht von der Hand zu wei­sen, dass dies mit einem erheb­li­chen Ver­kehrs­auf­kom­men ein­her­ge­hen wird. Und dass die­ses Ver­kehrs­auf­kom­men sich vor­wie­gend auf den moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehr und auf Event­flü­ge auf­tei­len wird, ist nicht nur auf­grund der mäßi­gen ÖPNV-Anbin­dung, son­dern auch durch die Art der Nut­zung nachvollziehbar.

Dass unse­re Stra­ßen schon längst über­las­tet sind, zeigt sich nicht nur in allen Stu­di­en, die zum The­ma ange­fer­tigt wur­den. Auch die erst kürz­lich in Angriff genom­me­ne Pla­nung einer Erwei­te­rung der Schlü­ter­brü­cke wur­de von den Stra­ßen­be­für­wor­tern dadurch begründet. 

Der Stand­ort am Flug­ha­fen bie­tet der Luft­han­sa die Gele­gen­heit, ihr Ange­bot an Event­flü­gen auch auf Mün­chen aus­zu­wei­ten. Dies führt zu zusätz­li­chen Flug­be­we­gun­gen, die es dort, ohne eine Event­hal­le, nicht gibt.
Der Ver­kehr wird vor­wie­gend in den spä­ten Abend­stun­den statt­fin­den, die Gefahr einer Aus­wei­tung der Nacht­flü­ge ist somit gegeben.

Auch ist von einer Zunah­me von Ultra­fein­staub­be­las­tung auszugehen. 

2. Planung

Das Vor­rang­ge­biet ist Teil des Lan­des­ent­wick­lungs­plans, in dem nur flug­ha­fen­af­fi­nes Gewer­be zuge­las­sen ist und das nur vom Baye­ri­schen Land­tag geän­dert wer­den darf.
Durch die will­kür­li­che Her­aus­nah­me einer Teil­flä­che aus dem Vor­rang­ge­biet wird ein Prä­ze­denz­fall für wei­te­re Gewer­be­an­sied­lun­gen geschaf­fen und der dem Beschluss aus dem STEP zuwi­der­läuft. (Kein Zusam­men­wach­sen der Regi­on)
Wün­schens­wert wäre es viel­mehr das gesam­te (nörd­li­che) Vor­rang­ge­biet Flug­ha­fen­ent­wick­lung auf­zu­he­ben, wel­ches unter ande­rem auch die Flä­chen für die 3. Start- und Lan­de­bahn beinhal­tet. Hier bedarf es zudem einer Auf­he­bung des Bau­rechts für die 3. Start­bahn, so dass die Stadt Frei­sing ihre kom­mu­na­le Pla­nungs­ho­heit über den gesam­ten Bereich wie­der erlangt und damit zum Bei­spiel einen groß­zü­gi­gen Grün-Puf­fer zwi­schen Stadt und Flug­ha­fen ver­wirk­li­chen könnte.

3. Flughafen/Städtebau

Der Flug­ha­fen hat schon bei sei­ner Pla­nung enor­men Wider­stand erfah­ren.
431 Land­wir­te wur­den unter der Aus­sicht auf ein Ent­eig­nungs­ver­fah­ren qua­si gezwun­gen, ihr Land aufzugeben.

Die Ort­schaft Franz­heim wur­de dem Erd­bo­den gleich­ge­macht.
Das Freisinger/Erdinger Moos war vor dem Bau des Flug­ha­fens der größ­te CO2-Spei­cher der Regi­on. Allein durch den Bau des Flug­ha­fens wur­den gro­ße Flä­chen unwie­der­bring­lich zer­stört.
Die Bau­vor­ha­ben am Flug­ha­fen z.B. mit der neu­en Kon­zern­zen­tra­le rücken immer näher an Frei­sing. Die Gefahr eines Zusam­men­wach­sens der Flä­chen geht ein­her mit dem Ver­lust an Identität.

4. Umweltproblematiken

Ver­sie­ge­lung von 11 Hekt­ar Flä­che. Dies ent­spricht 15 Fuß­ball­fel­dern durch­schnitt­li­cher Grö­ße.  Gera­de Frei­sing erleb­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren einen Zuwachs an Ver­sie­ge­lung wie kaum eine ande­re Kom­mu­ne in Bay­ern. Der­zeit lie­gen wir laut Baye­ri­schem Lan­des­amt für Sta­tis­tik bei einer Ver­sie­ge­lung von 24,6 % im Ver­gleich zu Bay­ern, das bei 12,1% liegt.

Die Flä­che grenzt an wei­te­re unbe­bau­te Flä­chen an, womit auch ein Bio­top­ver­bund ent­ste­hen könn­te. Jede unbe­bau­te Flä­che hat enor­men Wert für die Arten­viel­falt. Insek­ten, und Wie­sen­brü­ter könn­ten dort ange­sie­delt oder bestands­ge­si­chert wer­den. Der Erhalt von Grün­flä­chen ist ein wesent­li­cher Bestand­teil zum Kli­ma­schutz.
Ob die Flä­che, die im Moos liegt, wie­der­vernässt wer­den könn­te, ist fraglich.

5. Verkehrsbelastung

Moto­ri­sier­ter Indi­vi­du­al­ver­kehr, Event­flü­ge, Nacht­flü­ge wur­den bereits erwähnt.
Die Event­hal­le wür­de zu einer „deut­li­chen Mehr­be­las­tung der Infra­struk­tur und des Per­so­nen­nah­ver­kehrs“ in der Regi­on füh­ren. Zudem rech­net die Staats­re­gie­rung mit „Syn­er­gie­po­ten­zia­len“ durch „zusätz­li­ches Pas­sa­gier­auf­kom­men (Ver­an­stal­tungs­tou­ris­mus)“. Die Regi­on ist durch das bestehen­de (Luft-)Verkehrsaufkommen bereits extrem belas­tet.
Der Bau der West- und Ost­tan­gen­te in und um Frei­sing sowie der geplan­te 6‑streifige Aus­bau der A92 wer­den die Gesamt­re­gi­on um ein Viel­fa­ches belas­ten. Der Event­tou­ris­mus wird dies poten­zie­ren, ins­be­son­de­re in den Abend- und Nacht­stun­den.
Luft­ver­schmut­zung, Ver­kehrs­lärm wer­den eben­so mas­siv steigen.

6. Konkurrenzsituation

Die Anzahl an Konzertbesucher*innen ist begrenzt. Das Ange­bot schafft kei­ne Nach­fra­ge son­dern Kon­kur­renz. Nach Anga­ben des sta­tis­ti­schen Bun­des­amts besu­chen nur 5,3% der Ü14-Per­so­nen in Deutsch­land regel­mä­ßig, 43 % gele­gent­lich und 22,3 % nie Kon­zer­te. Das bedeu­tet, dass das Poten­zi­al inner­halb Deutsch­lands begrenzt ist und die Kapa­zi­tä­ten der Hal­le nur durch mas­si­ve Besu­cher­zah­len aus ganz Euro­pa gefüllt wer­den können.

Die Olym­pia­park GmbH sieht einen enor­men Kon­kur­renz­druck auf die Olym­pia­hal­le.
Nach­dem auch klei­ne­re Ver­an­stal­tun­gen geplant sind, wird der Druck auf alle Kul­tu­rel­len Ver­an­stal­tun­gen im Groß­raum Mün­chen wach­sen.
Die Kon­kur­renz zum ICM ist eben­so gege­ben. Dies belegt auch das inter­ne Dos­sier des Finanz­mi­nis­te­ri­ums: Denn laut Dos­sier ist die Hal­le für bis zu 20.000 Per­so­nen mit etwa 40 fle­xi­bel kom­bi­nier­ba­ren Ver­an­stal­tungs­sä­len und Räu­men geplant. Somit dürf­te die Grö­ße von der XXL-Kon­zert­hal­le bis zum klei­nen Tagungs­raum rei­chen. Dar­aus ergibt sich laut Ein­schät­zung des Finanz­mi­nis­te­ri­ums eine „erheb­li­che Kon­kur­renz­si­tua­ti­on“ zur Münch­ner Olym­pia­hal­le sowie eine „direk­te und har­te Kon­kur­renz“ zum ICM der Mes­se Mün­chen GmbH und damit erwart­bar nega­ti­ve Fol­ge­wir­kun­gen für deren Gesell­schaf­ter der öffent­li­chen Hand: Frei­staat und Stadt Mün­chen. Durch die zahl­rei­chen Säle und fle­xi­blen Ver­klei­ne­rungs­mög­lich­kei­ten der Event­hal­le ergibt sich zudem aus unse­rer Sicht eine erheb­li­che Kon­kur­renz zu sämt­li­chen Ver­an­stal­tungs­hal­len im nähe­ren und wei­te­ren Umkreis.

7. Zusätzliche Bauvorhaben

Wei­ter­hin gibt das Dos­sier Auf­schluss über ein bis­her nicht öffent­lich bekann­tes zusätz­li­ches Bau­vor­ha­ben auf dem betref­fen­den Grund­stück. So soll neben der Hal­le und dem Park­haus auch ein Hotel ent­ste­hen. Die­ses Hotel ist in einer Grö­ßen­ord­nung ange­dacht, die laut Dos­sier die Befürch­tung mit sich bringt, in Kon­kur­renz zum bereits auf dem Flug­ha­fen­ge­län­de bestehen­den Hil­ton-Hotel zu tre­ten und des­sen Aus­bau unren­ta­bel zu machen. In Bezug sowohl auf das Hotel als auch das Park­haus befürch­tet das Finanz­mi­nis­te­ri­um „nega­ti­ve Wech­sel­wir­kun­gen mit dem ori­gi­nä­ren FMG-Geschäft“. Hier ent­stün­den dem­nach wei­te­re Nach­tei­le für die öffent­li­che Hand. Ein neu­es Hotel steht selbst­ver­ständ­lich auch in Kon­kur­renz zu wei­te­ren Hotels in der Region.

8. Persönliche Verbindungen

Laut Grü­ner Land­tags­frak­ti­on ist bemer­kens­wert, dass das Dos­sier auch die Unter­stüt­zung des (inzwi­schen unter Kor­rup­ti­ons­ver­dacht ste­hen­den) MdL Sau­ter ver­merkt.
Für sein Enga­ge­ment erhielt Alfred Sau­ter von der SWMu­nicRe­al-Estate einen mitt­le­ren 5‑stelligen Betrag. Er hat offen­bar bewir­ken kön­nen, dass es die Mög­lich­keit eines Ziel­ab­wei­chungs­ver­fah­rens gibt, so dass die Pla­nungs-Ent­schei­dung auf die Kom­mu­ne über­tra­gen wer­den kann.
Wei­te­re per­sön­li­che Ver­bin­dun­gen zu poli­ti­schen Man­dats­trä­gern aus der Regi­on gehen eben­falls aus dem Dos­sier hervor.

9. Wirtschaftlichkeit

Die Inves­to­ren wer­ben mit einem posi­ti­ven öko­no­mi­schen Bei­trag für die Regi­on und zitie­ren eine Deloit­te-Stu­die, die aller­dings nicht ver­füg­bar gemacht wird und von daher nicht veri­fi­zier­bar ist. 

Eine Invest­ment­ge­sell­schaft hat das natür­li­che Ziel, mit dem inves­tier­tem Geld mehr Geld zu ver­die­nen. Das bedeu­tet, dass Gewin­ne pri­va­ti­siert wer­den, die erheb­li­chen finan­zi­el­len Nach­tei­le durch mas­si­ven Infra­struk­tur­aus­bau, Lärm­schutz­maß­nah­men, Abfall­ent­sor­gung Kli­ma­fol­gen und Abschrei­bungs­mög­lich­kei­ten kom­plett auf die All­ge­mein­heit über­tra­gen wer­den.
Die Gewer­be­steu­er­ein­nah­me­mög­lich­kei­ten für die Stadt Frei­sing sind frag­lich, da das Gewer­be­steu­er­recht für Invest­ment­fonds vie­le Befrei­un­gen zulässt. Auch das ist zu prüfen.

Fazit:

Eine Event­hal­le in der Nähe mit allen gro­ßen Stars die­ser Erde mag ver­lo­ckend klin­gen.
Kul­tur gehört in die Innen­stadt – sie ist Teil des Wesens einer Stadt (Geni­us Loci), das Städ­te lebens­wert und attrak­tiv macht, mit der sich Bewohner*innen aber auch Gäs­te iden­ti­fi­zie­ren. Frei­sing ist Teil der Stadt­bau­in­itia­ti­ve „Leben fin­det INNEN­stadt“ – schön wenn wir das so leben und umset­zen würden.

Und all die­se auf­ge­zeig­ten Fol­gen sind viel zu groß, als dass man die­ses Vor­ha­ben befür­wor­ten könnte.

Stand: Mai 2021